MOTOR MEDIZINTECHNIK

1.4  Gesundheitssysteme und Medizintechnik international

In diesem Kapitel werden die grundsätzlichen Strukturen der internationalen Gesundheitssysteme kurz und übersichtlich beschrieben. Da alle entwickelten Systeme mit denselben Herausforderungen wie demografischer Alterung und zunehmender Multimorbidität und dem technologisch-digitalen Wandel zu kämpfen haben, bestehen auch in allen Ländern kontinuierliche Reformbemühungen, die naturgemäß nicht alle in diese Darstellung aufgenommen werden können. Der grundsätzliche Aufbau eines Gesundheitssystems ist hiervon jedoch i. d. R. kaum betroffen.

Der europäische Markt für Medizintechnologien stellt mit 123,7 Mrd. € nach Nordamerika mit knapp 184 Mrd. € den zweitgrößten Markt der Welt dar. Deutschland mit 33 Mrd. € als Einzelmarkt ist nach den USA und seit diesem Jahr sogar vor Japan (30 Mrd. €) weltweit der zweitgrößte Markt und mit Abstand der größte Markt Europas. Er ist mehr als doppelt so groß wie Frankreich und Italien und rund fünfmal so groß wie Großbritannien.

Europäische Medizintechnikunternehmen investieren zwar noch weniger in Forschung als die amerikanische Konkurrenz. Jedoch führt das stärkere Wachstum hinsichtlich Umsatz, Mitarbeiterzahlen und Gewinn zu der Annahme, dass man in Europa der unternehmerischen Erfolg mit weniger Mitteln erreicht. Europas exzellente wissenschaftliche Reputation, gepaart mit einer starken Historie im Industriesektor, führen zu laufenden Innovationen im Medizintechniksektor, was sich in der zunehmenden Anzahl eingereichter Patente in diesem Bereich niederschlägt. Der größte Vorteil Europas gegenüber den USA liegt in den regulativen Prozessen hinsichtlich der klinischen Studien bis hin zur Marktreife neuer, innovativer Produkte. So benötigen Unternehmen, die in Europa angesiedelt sind, 5- bis 10-mal weniger Kapital, um ihre Produkte bzw. Verfahren zu testen und zugelassen zu bekommen. In Europa existieren rund 70 akkreditierte Organisationen, die die Konformität eines neuen Medizintechnikproduktes mit europäischem Recht zertifizieren können, während in den USA die FDA (Food and Drug Administration) als einzige Organisation diese Befugnis besitzt. Laut einer Studie der Stanford University zur Effizienz dieser regulativen Prozesse erreichen in Europa angesiedelte Unternehmen die anvisierte Patientengruppe mit ihren Produkten zwei bis drei Jahre eher, ohne dabei vergleichsweise Einbußen hinsichtlich der Patientensicherheit in Kauf zu nehmen. Daher ziehen mehr und mehr ausländische Unternehmen eine Umsiedlung nach Europa für die klinische Phase bis hin zur Einführung des Produktes in Betracht.

 Zum Kapitel 4.2 Die Situation der Medizintechnik in Europa

Herzstück dieser Publikation ist die Darstellung der Gesundheitssysteme und Medizintechnikmärkte nach Ländern, so z. B. für Frankreich:

Frankreichs Branche für Medizintechnik wird überaus stark durch ausländische Unternehmen geprägt, die gut zwei Drittel des Umsatzes und fast 80 % der Exporte generieren. Die Medizintechnik in Frankreich hat 2018 ein Volumen von 13,5 Mrd. € erreicht. Der Branchenumsatz lag 2016 sogar bei 28 Mrd. €, wovon 8 Mrd. in den Export gingen. Bis 2021 soll der Medizintechnikmarkt in Frankreich auf 15,5 Mrd. steigen. Jährlich gehen Prognosen von einem Wachstum von 4,7 % jährlich aus. Gute Marktchancen für deutsche Unternehmen bestehen vor allem in den Sparten Diagnostik, Rehabilitation, Chirurgie, medizinische Hilfsmittel, Intensivpflege und Hygiene.

 Zum Kapitel 4.3.4.3 Medizintechnik