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Investorenbetriebene MVZ

in der vertragszahnärztlichen Versorgung – IGES Gutachten im Auftrag der KZBV

M 49 Kapitel
Investorenbetriebene MVZ

Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung: Gutachten zu investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren. Die Gutachten bestätigen, dass Gefahren von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) für die vertragszahnärztliche Versorgung trotz der Regelung im TSVG weiter fortbestehen.

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Investorenbetriebene MVZ

Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung: Gutachten zu investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren. Die Gutachten bestätigen, dass Gefahren von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) für die vertragszahnärztliche Versorgung trotz der Regelung im TSVG weiter fortbestehen.

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5.1  Schlussfolgerungen

Seit der Zulassung fachgruppengleicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz im Jahr 2015 ist in der vertragszahnärztlichen Versorgung ein dynamisches Vordringen von zahnärztlichen MVZ insgesamt, insbesondere aber von MVZ in der Trägerschaft von Krankenhäusern zu beobachten. In Bezug auf letztere besteht dabei weder ein fachlich-medizinischer Zusammenhang - die Krankenhäuser selbst sind i. d. R. gar nicht an der zahnärztlichen Versorgung beteiligt - noch ein regionaler Versorgungsbezug, denn die MVZ werden nicht im Einzugsbereich dieser Häuser gegründet, sondern bevorzugt in großstädtischen, vielfach weit entfernten Regionen.

Hintergrund für diese Entwicklung ist die “Entdeckung” des deutschen Gesundheitsmarktes durch Finanzinvestoren, die die europäischen Gesundheitssysteme insgesamt als “golden opportunity for private equity”1 identifiziert haben. Zwar hatte der Gesetzgeber bereits 2011 mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz die Absicht verfolgt, Investoren ohne fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung von der Gründungsberechtigung für MVZ auszuschließen2 . Dies ist jedoch nicht gelungen, insofern durch den Erwerb eines Krankenhauses auch die Berechtigung zur Gründung von MVZ erworben werden kann.

In der Folge ist die Zahl der zahnärztlichen MVZ in der Trägerschaft von Krankenhäusern, die zuvor von Finanzinvestoren - zumeist Private Equity Gesellschaften, teilweise auch Verwaltern privater Großvermögen (Family Offices) - erworben wurden, stark gewachsen: Vom vierten Quartal 2015 bis zum ersten Quartal 2020 von 11 auf 207 investorenbetriebene MVZ (i-MVZ). Dabei handelt es sich in der Regel nicht um Praxisneugründungen, sondern um Käufe von bereits bestehenden Zahnarztpraxen oder von Zahnärzten gegründeten MVZ.

Aus Sicht der für die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung zuständigen Körperschaften - den KZVen sowie der KZBV - wirft diese Entwicklung eine Reihe von Fragen auf, zu deren Beantwortung das vorliegende Gutachten einen Beitrag leisten soll:

  • Trägt die Gründung von i-MVZ zu einer Stärkung bzw. Sicherung der flächendeckenden und bedarfsgerechten vertragszahnärztlichen Versorgung bei, d. h. werden strukturschwache und aktuell oder in Zukunft von Unterversorgung bedrohte Regionen gleichermaßen als Standorte für i-MVZ gewählt, wie gut versorgte, aber aufgrund der Einkommens- und Bevölkerungsstrukturen wirtschaftlich interessanteren Regionen?

  • Hat die neue Praxisform der i-MVZ im Vergleich insbesondere zu den “traditionellen” Praxisformen der Einzelpraxen und Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) Auswirkungen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der zahnmedizinischen Versorgung?

Beide Fragen stellen sich legitimer Weise, wenn man die Ambitionen ernst nimmt, die insbesondere Investoren aus dem Private Equity-Bereich für sich selbst in Anspruch nehmen bzw. die aus deren Geschäftsmodell resultieren: Das Ziel der Erwirtschaftung von höheren Kapitalrenditen, als sie in anderen Kapitalmarktsegmenten erzielbar sind, soll nicht zuletzt durch ein deutlich stärker auf Rentabilität ausgerichtetes Management erreicht werden, als es die Vorbesitzer praktiziert haben. In diesem Kontext ist das vielfach als Kern des Private Equity-Geschäftsmodells angeführte Vorgehen des “leveraged buyout” zu nennen, also der Einsatz von möglichst viel Fremdkapital beim Erwerb eines Unternehmens. Die Bedienung dieser Schulden muss dann aus dem Cash-flow des erworbenen Unternehmens erfolgen. Schließlich ist das Geschäftsmodell von Private Equity Gesellschaften auf ein kurz- bis mittelfristiges Engagement angelegt, d. h. die Beteiligungen werden meist für vier bis sieben Jahre gehalten und dann verkauft, wobei die Erzielung eines möglichst hohen Verkaufserlöses ein wesentlicher Bestandteil des Renditeerzielungskonzepts ist. Angesichts solch starker Anreize zur Generierung hoher Rückflüsse in einem relativ kurzen Zeitraum ist es berechtigt zu fragen, inwieweit zahnärztliche Versorgungseinrichtungen im Eigentum von Finanzinvestoren dabei u. U. auch zu Mitteln greifen, die die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung beeinträchtigen können.

Das Gutachten stützt sich bezüglich der regionalen Versorgungsstrukturen auf Daten der Versorgungsstrukturstatistik der KZBV, einer von der KZBV durchgeführten Sondererhebung zu MVZ sowie Bedarfsplanungsdaten der KZVen (vgl.  Abschnitte 3.1 Auswertungen zu Versorgungsstrukturen und  3.2 Auswertungen zur regionalen Verteilung). Für die Analysen zum Leistungsgeschehen wurden zwei Untersuchungsgruppen (UG1, UG2) gebildet, in denen jeweils strukturell ähnliche Planungsbereiche zusammengefasst sind. UG1 umfasst sechs Planungsbereiche mit ca. 2,1 Mio. Einwohnern und 19 i-MVZ in 2019, UG2 umfasst zwei großstädtische Planungsbereiche mit ca. 2,5 Mio. Einwohnern und 15 i-MV in 2019. Als Vergleich werden primär die Einzelpraxen in den UG herangezogen, ferner werden auch die Praxisformen BAG und nicht-investorenbetriebene MVZ (MVZ) betrachtet (zu Details der Vorgehensweise vgl. die  Abschnitte 3.4 Auswertungen zum Leistungsgeschehen und  4.5.1 Charakterisierung der Vergleichsgruppen).

Das vorliegende Gutachten kommt in Bezug auf die beiden oben genannten Fragestellungen zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Analysen zur regionalen Verteilung sowohl der Standorte von i-MVZ, als auch der von ihnen vorgehaltenen zahnärztlichen Kapazitäten (Zahnarztstellen) zeigen eine deutliche Konzentration auf großstädtische Standorte, die sich durch eine überdurchschnittlich einkommensstarke sowie jüngere und weniger von Pflegebedürftigkeit betroffene Bevölkerung auszeichnen. Ferner handelt es sich in den weitaus meisten Fällen um Planungsbereiche, die einen hohen zahnärztlichen Versorgungsgrad aufweisen. Einzelpraxen und BAG verteilen sich dagegen nahezu proportional zu den Bevölkerungsanteilen, die in städtischen oder ländlichen Kreisen wohnen. Die MVZ weisen ähnlich wie die i-MVZ eine Bevorzugung von großstädtischen Standorten auf.

Die Analyseergebnisse deuten dagegen nicht darauf hin, dass durch die Gründung bzw. Ansiedlung von i-MVZ ein relevanter Beitrag zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung auch in ländlichen, strukturschwachen und künftig möglicherweise von Unterversorgung bedrohten Regionen geleistet wird.

  • Die Analysen zum Leistungsgeschehen bzw. Abrechnungsverhalten von i-MVZ im Vergleich insbesondere zu Einzelpraxen in den beiden bedeutsamsten Leistungsbereichen konservierend-chirurgischen Leistungen und Zahnersatz zeigen nahezu durchgängig, dass i-MVZ höhere Umsätze generieren, die im Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen vor allem aus Mengenausweitungen in fast allen Kategorien und im Zahnersatzbereich aus einer Umsatzausweitung bei den Neuversorgungen resultieren. Auch hier weisen MVZ in vielen Aspekten ähnliche Auffälligkeiten auf wie i-MVZ.

Bei den konservierend-chirurgischen Leistungen (KCH) rechneten die i-MVZ im Jahr 2019 zwischen 14 % (UG1) und 25 % (UG2) mehr Punkte je KCH-Fall ab. Die höheren Punktvolumina pro Fall zeigen sich abgesehen von zwei Ausnahmen in nahezu allen Teilleistungskategorien (vgl. Abbildung 28 für UG1 bzw. Abbildung 31 für UG2). Ausnahmen bilden zum einen die Kategorie Besuche/Zuschläge, also Vergütungspositionen, die bei Hausbesuchen bzw. Behandlung von Versicherten in Einrichtungen und Pflegeheimen abgerechnet werden: Hier weisen i-MVZ in beiden Untersuchungsgruppen in den Jahren 2015 bis 2018 deutlich geringere Abrechnungszahlen auf, was sich in der UG2 auch in 2019 fortsetzt. Die i-MVZ in UG1 “reißen” in 2019 nach oben aus, d. h. es werden erheblich mehr Leistungen abgerechnet als in allen anderen Praxisformen. Die zweite Ausnahme betrifft die nur bei Kindern und Jugendlichen abrechenbaren Individualprophylaxe und Früherkennungsuntersuchungen. Diese Leistungen werden ebenfalls in i-MVZ deutlich seltener abgerechnet, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Patienten dieser Altersgruppen von den i-MVZ deutlich seltener behandelt werden.

Für die Anzahl KCH-Punkte je Fall insgesamt wurde geprüft, inwieweit die höheren Werte in i-MVZ möglicherweise auf die beobachteten Unterschiede in der Altersstruktur der Patientenpopulationen - im Vergleich zu Einzelpraxen ein geringerer Anteil von Patienten unter 18 und ein höherer im Altersbereich zwischen 18 und 44 Jahren - zurückzuführen sind. Dies ist jedoch nicht der Fall, die Mehrumsätze lassen sich dadurch nicht erklären.

Bei den Zahnersatzleistungen (ZE) zeigt sich in UG 1, dass bei i-MVZ das Verhältnis von Neuversorgungen zu Wiederherstellungen (Reparatur von bereits vorhandenem Zahnersatz) im Vergleich zu Einzelpraxen stärker zugunsten der wirtschaftlich lukrativeren Neuversorgungen ausfällt. Betrachtet man nur die Neuversorgungsfälle, so zeigt sich ferner, dass von i-MVZ je Neuversorgungsfall auch höhere Festzuschussbeträge sowie GOZ-Honorare abgerechnet werden. Damit ergibt sich als Gesamtbild für den ZE-Bereich eine gegenüber Einzelpraxen stärkere Verschiebung des Leistungsgeschehens in den höher bewerteten Bereich der Neuversorgungen und damit einhergehend auch eine stärkere Gewichtung der privatzahnärztlich (GOZ) abgerechneten Leistungen, die vor allem bei den als “gleichartige Leistungen” erbrachten Neuversorgungen eine Rolle spielen. (Die ausschließlich privat abgerechneten “andersartigen Versorgungen” müssen außer Betracht bleiben, da hierzu keine Daten zur Verfügung stehen.)

Zusammenfassend ist somit zu konstatieren, dass sowohl die Ergebnisse zur bevorzugten Ansiedlung von i-MVZ in (groß-)städtischen, einkommensstarken und von einer hohen Zahnarztdichte gekennzeichneten Regionen, als auch die Befunde zum Leistungsgeschehen bzw. Abrechnungsverhalten die These eines im Vergleich zu Einzelpraxen und BAG stärker am Ziel der Renditeoptimierung orientierten Vorgehens von i-MVZ stützen. Dabei ist allerdings hinzuzufügen, dass die nichtinvestorenbetriebenen MVZ in vielen untersuchten Aspekten den i-MVZ stark ähneln.

Inwieweit die beschriebenen Mengenausweitungen im KCH-Bereich bzw. die stärkere Gewichtung der Neuversorgungen im ZE-Bereich bereits als signifikante Beeinträchtigungen der Qualität und Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Versorgung zu bewerten sind, muss ggf. auf einer tiefer gehenden Datengrundlage und mit spezifischem zahnmedizinischen Sachverstand untersucht werden. Aktuell wirken sich die höheren Abrechnungsvolumina auf der Systemebene noch nicht spürbar aus, weil der Versorgungsanteil der i-MVZ und MVZ auf Bundesebene noch relativ gering ist. Bei Fortsetzung des dynamischen Wachstums der Zahl der i-MVZ und MVZ und Fortbestehen der Unterschiede im Leistungsgeschehen könnte sich das absehbar ändern.

Fußnoten
1)
McKinsey & Company: European Healthcare – a golden opportunity for private equity. Juni 2017. https://www.mckinsey.com/industries/private-equity-and-principal-investors/our-insights/european-healthcare-a-golden-opportunity-for-private-equity. Aufruf: 01.10.2020
2)
Vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 70
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